In der großen französischen Revolution des Jahres 1789 ging es den Aufständischen um liberté (Freiheit), égalité (Gleichheit – vor dem Gesetz) und fraternité (Brüderlichkeit – wird heute oft mit Geschwisterlichkeit übersetzt). Von Bildung war da trotz des längst angebrochenen humanistischen Zeitalters keine Rede. Im Vordergrund stand der blutige Kampf gegen die absolute Herrschaft des Königs.
Sind wir heute – weit über Frankreich hinaus – nicht wieder in einer ähnlichen Situation? Werden Erwartungs- und Leistungsdruck auf Erwerbstätige, Kinder oder Ausgegrenzte nicht bereits ohnehin standardgemäß bis zum Burnout ausgereizt? Und dennoch lässt der Druck zB auf eine längere Normalarbeitszeit weiterhin nicht nach …
Wer in dieser Situation noch meint: „Wir brauchen dringend einen Ausbau der Bildungsinstitutionen für das untere, prekäre bis abgekoppelte Drittel der Gesellschaft.“, handelt er dann nicht fahrlässig in dem Sinne, dass er damit – trotz Beteuerung, „kein Freund von Pflichten“ zu sein – genau bei jenen den bereits vorhandenen Druck erhöht, denen er helfen möchte? Betrachten wir die Situation beim heranwachsenden oberen Drittel der Gesellschaft, dann sind auch hier „Bildungsmängel“ zu konstatieren, insbesondere dann, wenn „italienische Uniprofessoren“ meinen, „Studenten können nicht rechtschreiben“.
Ist es nicht vielmehr so, dass die ältere und damit erfahrenere Generation die entstehenden Bildungslücken frühzeitig erkennen hätte können, um ihnen präventiv zu begegnen? Stellt die selbe Generation Sozialisations- und Habitusdefizite fest, dann frage ich mich: und was hat sie dagegen bisher unternommen?
Sollten sich die solcherart Kritisierenden nicht konsequenterweise an ihre eigenen Schützlinge wenden mit dem Hinweis „es ist Zeit, etwas zu tun“?
Verantwortung an Politik, Schule, Universitäten zu übertragen ist der eine Weg; der andere ist, der Jugend die Freiheit zu gewähren, die ihr zusteht. Diese über mögliche Folgen ihres Handelns „aufzuklären“ ist nicht Aufgabe jener, die an dieser Jugend Defizite feststellt. Es ist schließlich IHRE Zukunft, die sie – womöglich, weil nix is fix! – bereits von Beginn weg vernachlässigt. Wer weiß, vielleicht ist das einmal die effektivere Alternative zu jener Entwicklungshilfe, die Länder wie Österreich lieber auf einem selbstverpflichtenden Papier, als in barer Münze leisten.
Und mit der Freiheit wächst auch die FAIRantwortung.
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Ungleichheit und Rechtspopulismus
Jenseits diktatorischer Ansprüche liegt unsere Freiheit, und die macht, sofern sie von uns zB in Form von Mindestlöhnen genutzt wird, glücklicher > siehe Gleichheit ist Glück: Warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind