Am 17. Oktober 2024, dem Internationalen Tag für die Beseitigung der Armut, hat das Armutsnetzwerk Steiermark seine Tagung24 unter dem Motto „Wieviel Ungleichheit verträgt Demokratie?“ durchgeführt.
Wie bereits im Jahr 2019 wurde abermals das Graz Museum als Ort des Diskurses gewählt. Seit Anfang 2023 wird dieses Haus von Frau Mag.a Sibylle Dienesch geleitet und gemeinsam mit ihrem Team arbeitet sie an der „Vision eines demokratischen Museums„. Nicht verwunderlich also, dass sie in ihren Begrüßungsworten die Bedeutung von Vernetzungsarbeit hervorgehoben hat.

Neben vielen weiteren Informationen über die Wirkung sozioökonomischer Faktoren auf das Wahlverhalten und die damit einhergehende Gefährdung der Demokratie erwähnt Dr.in Tamara Ehs in ihrem Vortrag mehrmals die „ungleiche Responsivität“ der Politik auf Anliegen der Bürger*innen.
Was Lea Elsässer et al. bereits in ihrer Studie aus dem Jahr 2017 für Deutschland feststellten, gilt grundsätzlich auch für Österreich und die Schweiz: „Was Bürger_innen mit geringem Einkommen in besonders großer Zahl wollten, hatte in den Jahren von 1998 bis 2015 eine besonders niedrige Wahrscheinlichkeit, umgesetzt zu werden.“ (S 177)
Ansatzpunkte für politische Akteure
Am Schluss ihres Vortrags lässt Mag.a Martina Zandonella gut erkennen, wo die Hebel zur Stärkung der Demokratie anzusetzen sind: bei der „Demokratie als Alltagserfahrung“ inkl. einer „wirksamen Mitbestimmung“ bis hin zu einer Korrektur der „Schieflagen des repräsentativen Systems“, die allein durch „mehr Beteiligungsangebote“ nicht zurechtgerückt werden können.
In den anschließenden Workshops wurde zu verschiedenen Aspekten vertiefend darüber diskutiert. So wurde im WS „Demokratie und soziale Ungleichheit“ nochmals erwähnt, dass „Medien verschleiern“ und die Rechtslage in Österreich hinsichtlich des Erwerbs der Staatsbürgerschaft Einbürgerung bis in nachfolgende Zuwanderungsgenerationen erschwert. Es wurde aber auch darüber gesprochen, wie sehr selbst nach 5jähriger Existenzsicherung mittels „Housing First“-Maßnahmen das Interesse an Wahlen erlahmt ist. Hinzu kommt, dass „unser System sehr hochschwellig“ ist – Beispiel: „Ausflüge in Schulen kosten sehr viel“. Wenn „stille Schüler*innen über Missbrauch schweigen“, dann wird dies als ein Ausdruck dafür gesehen, dass „innerhalb des Systems“ Betroffene „mundtot gemacht werden“.
Als sehr positiv wurde konkrete „Motivierungsarbeit“ mit den Klient*innen dargestellt, die mitunter zu einem Wahlakt führt, wo dies zuvor nicht zu erwarten war. Auch das Reden über Demokratie ganz allgemein kann das politische Interesse insbesondere bei jungen Menschen wecken. Dennoch bleibt Bildungsarbeit über das sogenannte Bildungsbürgertum hinaus „massiv mühsam“.
Am Schluss wurde noch der Vorschlag eines verpflichtenden Fact-Checkings bei Livediskussionen gemacht. Dadurch sollte vermieden werden, dass Falschinformationen leichter verbreitet werden können und dem politischen Gegenüber Redezeit genommen wird, falls von dieser Seite eine Richtigstellung erfolgt.
Die Teilnehmenden des Workshops „Demokratie und soziale Sicherheit“ erarbeiteten die Idee einer Sozialkammer, die dann als einzige schriftliche Darstellung im abschließenden Fishbowl präsentiert wurde.
Eine letzte Wortmeldung im Fishbowl bezog sich dann nochmals auf die für eine Stärkung der Demokratie erforderliche Vernetzungsarbeit, mit dem Ziel, vergleichbare Forderungen wie jene der SOS Kinderdörfer nach Einrichtung eines Jugend-Checks für alle neuen Gesetze zu bündeln.




Demokratie stärken > Druck von unten organisieren
Der Text dieses Kommentars hat sich ein wenig weiter entwickelt und ist nun hier zu lesen: https://arnoniesner.substack.com/p/demokratie-starken
LikeLike
Weitere Argumente, die unser Engagement für eine Stärkung der Demokratie einmahnen:
Förderung einer lebendigen Mitbestimmungskultur und zielgerichtete Bündnisse der Zivilgesellschaft als Maßnahme gegen gestiegene Polarisierung in Politik und Gesellschaft
Institutionalisierter Pluralismus (siehe insbesondere Anregungen von Hans Kelsen und Herbert Dachs)
LikeLike