communio

logo_communio-bosolei-com

Aus Sicht der Katholischen Soziallehre ist Armut zumeist Ergebnis von strukturellen Barrieren, die Menschen in ihren Möglichkeiten begrenzen und sie somit in ihrer persönlichen Entwicklung und Freiheit, in Würde zu leben, einschränken. Sie zeigt sich in vielfältiger Weise und lässt sich nicht allein auf einen Mangel an finanziellen Mitteln reduzieren, sondern bezieht sich auf alle Aspekte des Lebens, die persönliche Entwicklung hemmen. Dies schließt einen unzureichenden Zugang zu Bildung, Sozialdienstleistungen und Energie, aber auch die Folgen der Umweltzerstörung mit ein.

aus: COMECE-Erklärung vom 12.12.2016 „Verschafft Recht den Unterdrückten“ (Psalm 82,3)

… es geht um einen Ausgleich (2Kor 8,13)

Um den verschiedenen Formen struktureller Ausgrenzung wirksam begegnen zu können, bedarf es in einem demokratischen Staatswesen einer reflektierendenlebendigen Kraft aus der Mitte der Gesellschaft. In ihr spiegelt sich „eine Vielfalt und eine Verschiedenheit, die der Einheit nicht nur nicht im Wege stehen, sondern ihr im Gegenteil den Charakter der ‚Communio‘ verleihen“ (Communionis notio 15).

Wie die europäischen Bischöfe in ihrer COMECE-Erklärung vom 12.12.2016 die EU auffordern, „ihren Dialog mit allen relevanten Akteuren zu verstärken„, ebenso sehr sind wir im Rahmen der

diakonie

Diakonie auf nationaler Ebene aufgefordert, den Interessensausgleich zwischen verschiedenen Anspruchsgruppen zu suchen und strukturell zu manifestieren. Ohne diese Bemühungen blieben viele weiterhin arm! Dazu ist auch jene Wortspende von Diözesanbischof Manfred Scheuer anlässlich des Tages der Arbeitslosen 2017 zu zählen: „Durch die Erwerbsarbeit und die Höhe des daraus resultierenden Einkommens werden Menschen bewertet. In einer solchen Gesellschaft werden arbeitslose Menschen und Menschen ohne Erwerbschance buchstäblich ‚wertlos‘ gemacht.“

2019-11-17_Oeko-Sozial-Rat_legitimiert-zur-Gemeinwohlkontrolle

Aus der Mitte der Gesellschaft empfohlene und gewürdigte Organisationen aus der Zivilgesellschaft oder Menschen aus Politik, Wirtschaft, Kunst & Kultur oder ökosozialen Diensten können die mit dem Interessenausgleich verbundenen Aufgaben zB im Rahmen eines nationalen ÖkoSozialRates – zB in der Version eines Bundes- & Gemeinwohlrates – leisten und so die erforderlichen Brückenfunktionen erfüllen. Diese bestehen zuerst darin, die Themen der Ausgegrenzten & Randgruppen in den Vordergrund zu rücken, ganz nach dem Motto des schwächsten Gliedes, an dem die Kette – in unserem Fall die Gemeinschaft – zu brechen droht. Denkbar ist auch ein Meinungsaustausch mit parteipolitischen Interessenvertreter*innen im Sinne von Town-Hall-Meetings. Dies erfordert jedenfalls unser Engagement für die Wahl unserer Vertreter*innen in einen ÖkoSozialRat als GemeinWohlRegierung, denn die Verantwortung für die Gestaltung eines friedlichen Miteinander beginnt bei uns.

2017-06-08_wiener-zeitung_bahnticket-geht-unter-die-haut

Friedrich L. Sell und Marcus Wiens in Gesellschaftspolitik: Überwindung des Vertrauensdilemmas kann erfolgen durch

  • gegenseitige Sympathie
  • Information/hoher Wissensstand übereinander
  • wiederholte Interaktionen und
  • Moral

Aus einer christlich-moralökonomischen Sicht liest sich das so: „… erst eine innere Bekehrung verwandelt die äußeren Umstände, aber zugleich stützen und ermöglichen äußere gerechte Zustände eine innere Bekehrung des Menschen zum Guten, der ohne äußere Gerechtigkeit der inneren Lieblosigkeit zum Opfer fiele.“ (Peter Schallenberg, in: Zivilökonomie, 2013, S 23)

2017-02-22_ehemaliger-header-auf-twitter_regionale-wirtschaftsstrukturen-fuer-generationen_mit-schallenberg-zitat

Diese und die Seite „FAIRteilung“ zum Download als pdf


Weiterlesen, -sehen & -hören

Auf der Suche nach einem gerechteren Wirtschaftssystem

Nach den ersten Gehversuchen seit dem Tag der Arbeit im Jahr 2003 schien mir im Sommer 2006 die Idee eines oekosozialen Marktes (Archivdateien vom 17.2.2017) der richtige Ansatz zu sein, um ein (nachhaltig) gerechteres Wirtschaftssystem zu etablieren. Kleine bis mittelgroße Unternehmen als Vertreter der Mitte der Gesellschaft gewähren ihren Kundinnen, Gästen oder Klienten Preisnachlässe, die diese mit sozialen Einrichtungen fair teilen. Diesbezügliche Versuche hat es bereits einige gegeben, doch bis auf animalfair.at ist kaum einer erfolgreich gewesen. Zumeist deshalb, weil der Gedanke nach monetärem Profit an erster Stelle gestanden ist.

Herzlichen Dank an alle, die die technische Umsetzung des Projekts finanziell unterstützten.

Die Regionalwährung Chiemgauer hingegen zeigte zumindestens über ein Jahrzehnt hinweg, dass nicht der monetäre, sondern der ideelle Gewinn an Gemeinwohloptimierung als Leitgedanke dienen kann, um wirtschaftliche Erfolge zu generieren:

chiemgauer-statistik

Sehr spät erst – genauer: 10 Jahre danach – ist mir klar geworden, dass philanthropisches Verhalten nicht ausreicht, um systemisch fairändernd zu wirken. Die Spielart „Philanthrokapitalismus“ erzielt gar das Gegenteil.

2019-09-24_Yunus_reinvestierter-social-business-dollar
Dasselbe gilt für den einen EURO, der in caritative oder gesellschaftspolitisch tätige Vereine investiert wird: er ist nicht verloren. Auch dieses Investment dient der Aufrechterhaltung und/oder der Entwicklung von Strukturen, ohne die ein arbeitsteiliges Wirtschaftssystem nicht denkbar ist.

Eine erfolgreiche Systemfairänderung bedarf einer kritischen Öffentlichkeit und gestaltend mitwirkenden Akteur*innen (siehe feldstellen) ebenso, wie der Existenz starker, weil gebündelter Kräfte aus der Mitte und von den Rändern der Gesellschaft, quasi als Gegenmacht zu erfolgreichen politischen Einflüssen für Wenige. Eine wache Zivilgesellschaft ist bereits sehr aktiv und setzt diesen partikularistischen Interessen Grenzen. Doch es gibt auch Bereiche in den Wohlfahrtsstaaten, die ich in psychologischer wie system(theoret)ischer Hinsicht als Black Box bezeichnen möchte. Streetworker, Sozialarbeiter*innen oder Selbsthilfegruppen nehmen sich der Betroffenen gerne an und teilen zumeist ihr Schicksal oder sind zumindestens nahe bei ihnen. Diese Nähe spüren Berufspolitiker*innen kaum und wehren als erste Reaktion (Macht-)Ansprüche der Zivilgesellschaft für gewöhnlich reflexartig ab (vgl. Machthaber vs. Philosophenkönige) oder sie versuchen sogar, Kürzungen bei den Sozialausgaben als „Anreize“ darzustellen, die dazu veranlassen sollen, jede gebotene Erwerbsarbeit anzunehmen. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel.

Was können wir tun?

2017-09-11_Sozialstaat_Postkarte_VSDamit die Ränder der Gesellschaft gleichberechtigt und auf Augenhöhe in der Mitte ankommen, sind Anstrengungen von uns ALLEN erforderlich. Bildung und Ausbildungen allein schaffen keine Abhilfe (Atkinson, Sandel). Manchmal führen sie mitunter gar in die Irre, so sehr, dass daraus erfolgreiche Gegenbewegungen wie jene der pluralen Ökonomik entstehen. Mittlerweile wissen wir, dass es mehr braucht als den unerfüllbaren Wunsch nach „endlosem Wachstum“ in einer endlichen Welt, um FAIRteilung zu erzielen. Vollbeschäftigung bietet dafür auch nur in beschränktem Maße unterstützende Vorleistungen.

Um die erforderlichen Aufgaben nachhaltig, also über Generationen hinweg bewerkstelligen zu können, könnten Formate wie regionale Kulturpreise, ein Parlament der Arbeit Suchenden oder im besten Fall ein Gemeinwohlrat – zB in der Form einer reformierten zweiten Kammer – gute Dienste leisten. Selbstverständlich sind wir auch darüber hinaus aufgerufen, durch unser Handeln ausgleichend, sprich: karitativ zu wirken. Gleichzeitig setzen wir damit Schritte zur Stärkung glücklicherer Menschen.

logo-oekosozialmarkt


Weiterlesen

Institut für Weltwirtschaft: Risikobereitschaft sinkt mit steigendem Anteil an Frauen in Gruppen und führt zu besseren Entscheidungen2019-08-29_museum-speyer_kyros-tributzahlungen-perser-reichsverbund

Ein Blick in 2.500 Jahre zurück liegende Geschichte zeigt die Verknüpfung von Tribut leisten = Steuern zahlen oder Meinungs- und Religionsfreiheit und der Wahrung des Friedens im Reiche (vgl. Slawenzehent) bis hin zur Förderung des Glücks in Demokratien. Soziale Ungleichheit hingegen entpuppt sich in ihrem letzten Stadium der Entwicklung als Sprengkraft für die Demokratie.

Frieden fördern können wir auch auf der individuellen Ebene, zB mittels Verzicht auf einen Rechtsanspruch: Dr. Gerald Mader zeigte wie’s geht.