Qualifizierte Erwerbslose

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Grafik 1: Arbeitsmarkt in Österreich

Wenn knapp 500.000 Erwerbsarbeit Suchende mit rund 40.000 offenen Stellen (Datenlage von Anfang 2017) konfrontiert sind, wie sehr steigen dann ihre Chancen, durch Qualifizierung einen Vollerwerbsarbeitsplatz angeboten zu erhalten? Die Beantwortung dieser Frage erfordert lediglich die Kenntnis der Grundrechnungsarten.

Dennoch wird immer wieder versucht, die Schuld bei den Betroffenen zu finden:2017-02-23_der-standard_was-der-kern-vorschlag-am-arbeitsmarkt-bringt_s-17

Doch so einfach ist die Sache nicht und die Geschichte lehrt uns, dass es auch anders geht:

Vollbeschäftigung führte in Österreich am Beginn der 1970er-Jahre zu einer Umkehrung der Kräfteverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt (siehe Grafik 1): die Anzahl der offenen Stellen überstieg jene der vorgemerkten Arbeitslosen. Die aus der „Knappheit an Arbeitskräften (resultierenden) Kräfteverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt zugunsten der ArbeitnehmerInnen“* bewirkten, dass 1975 die 40-Stunden-Woche eingeführt wurde.

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Stephan Schulmeister: Solange die Zahl der Arbeitssuchenden ein Vielfaches der Zahl der offenen Stellen beträgt, reichen Qualifikationsmaßnahmen nicht.

Die Liberalisierung verschiedener Märkte und die Öffnung der Grenzen kehrte diese Kräfteverhältnisse um und stärkte international agierende Investoren zulasten regional tätiger Unternehmen und deren Beschäftigten. Die Folgen davon waren steigende Gewinnquoten und sinkende Lohnquoten:

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Mit der Liberalisierung der (Finanz-)Märkte kam die „Ungleichheitswende“. Die in den 1970ern in Gesetze geschriebene Solidarität hielt in Österreich noch bis Mitte der 1980er.

Mit anderen Worten: die Früchte** der Wertschöpfung in den jeweiligen Ländern ernteten zunehmend Unternehmen, während der Anteil für die Beschäftigten schrumpfte.

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Robert Sommer (Augustin): Wer marginalisiert ist, arbeitet für jeden Lohn.

In seinem letzten großen Werk „Ungleichheit“ lässt Sir Anthony B. Atkinson die dahinter stehende Lobbyarbeit zugunsten der Wenigen, die davon profitieren, durch den Vorsitzenden der Börsenaufsichtsbehörde SEC (Securities and Exchange Commission) erläutern. Dieser „beschrieb, wie ‚Gruppen, die Wall-Street-Firmen, Investmentgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsunternehmen oder Konzernmanager vertraten, sofort ihren Einfluss geltend machten, um selbst geringfügige Gefahren abzuwehren. Einzelne Investoren, die keine Gewerkschaften oder Wirtschaftsverbände hinter sich hatten, um ihren Forderungen in Washington Nachdruck zu verleihen, wurden vor vollendete Tatsachen gestellt.’“***

Atkinson folgerte daraus:

„Deutlicher lässt sich die Notwendigkeit einer Gegenmacht nicht zum Ausdruck bringen.“ (S 143)

„Wenn Menschen auf Null-Stunden-Verträge ohne Lohngarantie eingehen, so deshalb, weil sie auf dem Arbeitsmarkt machtlos sind. Wie erwähnt, müssen wir Vorkehrungen treffen, um ein gerechtes Machtgleichgewicht zwischen den Parteien solcher Verhandlungen herzustellen – mit anderen Worten, wir müssen die Gegenmacht der Verbraucher und Arbeitnehmer stärken.“ (S 191)

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Wir sollten uns Atkinson und vielen anderen anschließen, die sich für mehr Gerechtigkeit in der Wirtschaft einsetzen, denn … „es geht um einen Ausgleich“ (2Kor, 8,13).


*| Markus Marterbauer: Soziale Dienstleistungen, Arbeitszeitverkürzung, Vermögensbesteuerung – Elemente einer emanzipatorischen Sozial- und Wirtschaftspolitik in Europa; in: Kurswechsel 2/2014, S 49

**| Papst Franziskus in seiner Ansprache beim Welttreffen der Volksbewegungen am 9. Juli 2015: „Die gerechte Verteilung der Früchte der Erde und der menschlichen Arbeit ist keine bloße Philanthropie. Es ist eine moralische Pflicht.“ … und am 6. Mai 2016 setzt er anlässlich der Verleihung des Karlspreises fort: „Wenn wir unsere Gesellschaft anders konzipieren wollen, müssen wir würdige und lukrative Arbeitsplätze schaffen, besonders für unsere jungen Menschen.

Das erfordert die Suche nach neuen Wirtschaftsmodellen, die in höherem Maße inklusiv und gerecht sind. Sie sollen nicht darauf ausgerichtet sein, nur einigen wenigen zu dienen, sondern vielmehr dem Wohl jedes Menschen und der Gesellschaft.“

***| Anthony B. Atkinson, in: Ungleichheit, Stuttgart: Klett-Cotta, 2016, S 143; Zitat: Hacker und Pierson, „Winner-Take-All Politics“, S 192


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Unfrei durch Überstunden

Vollbeschäftigungs-Initiative 23

Investitionen sollen sich lohnen

Unfrei durch Überstunden

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Die folgende Geschichte zeigt, wie unfrei die Arbeitswelt abseits von Vollbeschäftigung ist, obwohl bestehende Schutzbestimmungen dies verhindern sollten. Dennoch wird versucht, die Flexibilisierung weiter voran zu treiben.

Wenn Stimmung gemacht werden soll für eine Erhöhung der Normalarbeitszeit auf 10 Stunden pro Arbeitstag, dann lädt die zuständige Interessenvertretung in der Steiermark ein in ihren Europasaal. Thema des Abends war: Arbeitszeitflexibilisierung: Für beide Seiten ein Gewinn? Um Konsens bemüht, wurde auch der Spitzenvertreter der anderen Interessen eingeladen.

207-02-21_armutskonferenz_wilkinson_lebensqualitaetIn meiner Wortmeldung aus dem Publikum erwähnte ich, wie sehr ein Freund von mir unter dem Druck des unfreiwilligen 11 bis 12-Stunden-Arbeitstages zu leiden hat. Vor wenigen Jahren hatte er mir erzählt, wie ein externer Berater des international tätigen Unternehmens darauf drängte, nie mehr als 10 Stunden pro Tag zu arbeiten. Daraufhin stempelte sein Kollege fortan bei Erreichen dieses Limits aus und arbeitete gratis weiter. Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt abseits von Vollbeschäftigung zwingen dazu. Nun ist er selbst in dieser misslichen Lage, denn mit über 50 Jahren und Krediten für das Haus gibt es auch für ihn mittlerweile keine Alternative.

Unmittelbar danach wurde ich darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem Unternehmen wohl um ein schwarzes Schaf handeln würde.

Am Ende der Veranstaltung fühlte sich der Vertreter eines anderen renommierten Unternehmens in Graz besonders schlau, indem er sich an mich wandte mit dem Argument, dass mein Freund unter flexibleren gesetzlichen Rahmenbedingungen diese Mehrleistung monetär abgegolten bekäme. Führungskräfte, die derart unsensibel auf illegale Vorkommnisse in der Arbeitswelt reagieren, führen weniger im positiven Sinne, als sie vielmehr versuchen zu verführen. Hans-Joachim Gergs:

Der Schlüssel zum Ganzen ist die geistige Haltung des Managements.“.

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Mit dem Verweis auf den globalen Wettbewerb kann in der Bevölkerung und gewiss auch bei vielen Funktionär*innen – aus welchen Gründen auch immer – gepunktet werden, um betriebswirtschaftlich argumentierte Einzelinteressen durchzusetzen. Die Geschichte lehrt uns allerdings, dass Globalisierungseffekte auch soziale Aspekte in den Vordergrund der politisch Handelnden rücken können – und dies angesichts überzogener, nationalistischer Bestrebungen auch sollten. Sir Anthony B. Atkinson meinte dazu in Ungleichheit – Was wir dagegen tun können:

„Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der moderne Wohlfahrtsstaat in dieser Globalisierungsphase vor dem Ersten Weltkrieg entstand, denn es wird gelegentlich behauptet, er habe seinen Ursprung in der Zwischenkriegszeit. …
Richtig ist auch, dass die Leistungen der verschiedenen europäischen Sozialsysteme in der Zwischenkriegszeit ausgeweitet wurden. … So schrieb 1913 ein amerikanischer Beobachter, … ‚die Bewegung für die Sozialversicherung ist eine der wichtigsten Weltbewegungen unserer Zeit.'“. (S 339)

Dass es mitten in Europa auch Länder gibt, die einen ausgeglicheneren Weg beschreiten, um wirtschaftlich zu reüssieren und gleichzeitig glücklicher zu sein, diese Fakten werden von gut dotierten Überzeugungsarbeiter*innen dennoch gerne unter den Tisch gekehrt.

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Arbeitszeitflexibilisierung: Zukunftsvision oder Rückschritt?

Wege aus der Krise fordert die Einführung einer Abgabe für gesundheitsschädliche Überstunden

Besser leben durch politische Mitbestimmung

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In der großen französischen Revolution des Jahres 1789 ging es den Aufständischen („Jakobiner„) um liberté (Freiheit), égalité (Gleichheit – vor dem Gesetz) und fraternité (Brüderlichkeit – wird heute oft mit Geschwisterlichkeit übersetzt). Von Bildung war da trotz des längst angebrochenen humanistischen Zeitalters keine Rede. Im Vordergrund stand der blutige Kampf gegen die absolute Herrschaft eines Ancien Régime aus König, Adel und Geistlichkeit.

Sind wir heute – weit über Frankreich hinaus – nicht wieder in einer ähnlichen Situation? Werden Erwartungs- und Leistungsdruck auf Erwerbstätige, Kinder oder Ausgegrenzte nicht bereits ohnehin standardgemäß bis zum Burnout ausgereizt? Dennoch lässt der Druck zB auf eine längere Normalarbeitszeit weiterhin nicht nach …

2017-02-19_karrieren-standard_interview-heinzlmaier_ausbau-bildungsinstitutionenWer in dieser Situation noch meint: „Wir brauchen dringend einen Ausbau der Bildungsinstitutionen für das untere, prekäre bis abgekoppelte Drittel der Gesellschaft“, fordert zu wenig und gleichzeitig wird im Sinne von Michael J. Sandel den Abgekoppelten einmal mehr „das Gefühl gegeben, sie sind selbst schuld.“ Gleichzeitig werden auch im heranwachsenden oberen Drittel der Gesellschaft „Bildungsmängel“ konstatiert, insbesondere dann, wenn italienische Uniprofessoren feststellen: „Studenten können nicht rechtschreiben“.

Ein „gutes Leben für alle“ ist machbar …

… durch mehr Mitbestimmung – zB via Bundesrat als Volkskammer.

Sowohl die Fairteilung der gesamten (Erwerbs-)Arbeitsmenge als auch eine gerechtere Einkommensfairteilung werden durch die Förderung von Bildungschancen allein nicht erzielt. Dafür ist ein repräsentatives Parlament in einer partizipativen Demokratie besser geeignet. Um dies zu erreichen braucht es auch nach Ansicht von UNRISD die „Bildung von Allianzen“ (S 25).


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Ungleichheit und Rechtspopulismus

Jenseits diktatorischer Ansprüche liegt unsere Freiheit, und die macht, sofern sie von uns zB in Form von Mindestlöhnen genutzt wird, glücklicher > siehe „Gleichheit ist Glück: Warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind“

2025-07-25 Hinweis aus dem liturgischen Kalender am Tag des Jakobus: „Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen.“ Wie weit dies auf die Machtverhältnisse in den Demokratien am Beginn des 21. Jahrhunderts zutrifft wird unterschiedlich beurteilt. Forschungsergebnisse zeigen allerdings, dass sich „sozial benachteiligte Gruppen“ von der Politik abwenden.

Mindestlöhne verringern Ungleichheit

Der in Aarhus lehrende Politikwissenschafter Alexander Horn berichtet in „Menschen & Mächte: Arbeiten bis zum Umfallen?„, dass wir in Österreich, Deutschland und in vielen anderen Ländern Kontinentaleuropas gegenüber Dänemark „ein deutlich größeres Maß an Ungleichhheit haben, was die Einkommen angeht“. Ihm zufolge gibt es in Dänemark auch Friseure, die ein „Häuschen“ bauen und das habe damit zu tun, dass es „sektorenspezifische Mindestlöhne“ gibt.

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Horn berichtet über Fakten; doch …

was sagt die Wissenschaft dazu?

Eine der Lieblingsfragen von Anthony B. Atkinson an seine Studierenden war: „Verursacht ein Mindestlohn Arbeitslosigkeit, wenn er über dem Marktlohn festgesetzt wird?“ (Ungleichheit, S 318). Wie erwartet antworteten sie wie aus dem Lehrbuch und erklärten die daraus folgende Arbeitslosigkeit mit einer fallenden Nachfragekurve bei gestiegenen Löhnen. Seine Meinung hingegen war, dass es „mehr als einen Lohn (gibt), der Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht bringt“ (S 319). Die Gründe dafür sind verschieden, eine höhere Produktivität ist der eine: „Sobald die Arbeitgeber erkennen, dass sie durch höhere Löhne größere Produktivität erzielen können, handeln sie nicht mehr nach dem Prinzip der vollkommenen Konkurrenz: Sie handeln als Lohnsetzer.“ (S 320)

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Atkinson weiter: „Höhere Löhne können auch ein Mittel sein, Mitarbeiter an die Firma zu binden und dem Arbeitgeber dadurch Fluktuationskosten zu ersparen. Der Effizienzlohn kann aber auch bei der Einstellung eine Rolle spielen. Möglicherweise hat der Arbeitgeber nur unzulängliche Informationen über die Produktivität einzelner Bewerber. Wenn er einen höheren Lohn anbietet, lockt er unter Umständen Kandidaten an, die sich für höher qualifiziert halten als andere Bewerber.“ (S 322). Gewiss, allerdings ist dieses Argument nicht mehr zutreffend, sobald alle Arbeitgeber einen Mindestlohn nicht unterschreiten dürfen. Doch Atkinson antwortet darauf wie folgt:

„Nehmen wir an, der Mindestlohn wird eingeführt. Um wirksam zu sein, muss er über der vom Arbeitgeber gewählten Höhe liegen, so dass dieser einen höheren Betrag zahlen muss. Entscheidend ist aber, dass beim Effizienzlohn auch ein Gewinn für den Arbeitgeber herausspringt; der Extralohn verursacht nicht nur reine Kosten. Denn dank dem gesetzmäßig erhöhten Lohn muss der Arbeitgeber jetzt nicht mehr so stark kontrollieren, um Drückebergerei zu verhindern, weil der Verlust des Arbeitsplatzes für den Arbeitnehmer mit höheren Kosten verbunden wäre (es ist auch möglich, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber jetzt mehr Loyalität entgegenbringt). Wenn das Beschäftigungsniveau sowohl vom Lohn als auch von den Kontrollkosten beeinflusst wird, gibt es eine Gegenkraft.“ (S 322)

Diese und andere Gründe können so zu einer von Politikern häufig geforderten ‚Hochlohnwirtschaft‚ führen.

Parlament der Arbeit Suchenden

Eine Einladung zur Mitgestaltung demokratischer Prozesse auf dem Weg zu einer gerechter verteilenden Arbeitswelt

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SN-Bildunterschrift: Die documenta 14 appelliert an das Publikum, kollektiv Energie zu mobilisieren und zu handeln.

Erwerbsarbeit zu suchen ist in einer zunehmend arbeitsteilig organisierten Wirtschaftswelt unumgänglich, um den Lebensunterhalt für sich und bei Bedarf auch für Angehörige zu verdienen. In Zeiten sich weiter ausbreitender Prekarisierung auf den Arbeitsmärkten wird diese Aufgabe nicht leichter; und selbst nach der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens wird es darum gehen, sich für ein Recht auf Arbeit und angemessene Entlohnung zu bemühen.

Durch Erwerbsarbeit der Armut zu entkommen ist nur ein mögliches Handlungsfeld für die Arbeit eines Parlaments der Arbeit Suchenden. Die Förderung der „freien Berufswahl“ wäre ein weiteres, ebenso wie das Schließen der Einkommensschere durch verschiedene Maßnahmen.

Wer sind die möglichen Nutznießenden eines erfolgreich tätigen Parlaments der Arbeit Suchenden?

Die Zahl der Arbeit Suchenden geht weit über jene der aktuell Erwerbslosen hinaus. Knapp eine Million Menschen sind in Österreich jährlich von Arbeitslosigkeit betroffen. Zudem wird der Anteil jener rapide größer, die mit ihren derzeitigen Arbeitsverhältnissen unzufrieden sind.

Nehmen wir also an, Sie suchen daher – aus welchen Gründen auch immer – nach Alternativen zu Ihrem derzeitigen Arbeitsplatz. 2017-01-28_gallup_engagement-index-2001-2015Wann glauben Sie, wird sich diese Situation für Sie verbessern: bei zunehmender Arbeitslosigkeit oder bei Vollbeschäftigung?

Eine gerechtere FAIRteilung der Arbeitsmenge würde den Freiheitsgrad für Ihre Suche nach (einem alternativen) Arbeitsplatz erhöhen. Um dies zu bewerkstelligen bedarf es einer „größere(n) Vielfalt … neben den üblichen Vertretern von Arbeitgebern, Gewerkschaften und Regierung“ (Atkinson, S 172). Konstatieren wir „unfreiwillige Teilzeitbeschäftigung“ und „prekäre Arbeitsverhältnisse“ als einen Ausdruck von Ungleichheit, dann können wir mit dem selben Autor feststellen: „Wenn das stimmt, können Maßnahmen zur Verringerung der Ungleichheit nur dann erfolgreich sein, wenn es gelingt, Gegenkräfte zu mobilisieren.“ (Atkinson, a. a. O., S 111)

2022-03-21_Verhaeltnis-offene-Stellen-zu-Arbeitslosen_Oesterreich_1946-2021

Wenn Anthony B. Atkinson ab 1980 eine Ungleichheitswende festgestellt hat, dann sehen wir an dieser Grafik, was er damit gemeint haben könnte. Um in Zeiten niedriger Wachstumsraten die Marktverhältnisse von damals wieder herzustellen, bedarf es politischer Anstrengungen, die nur mit vereinten Kräften „von unten“ erfolgreich zum Ziel = Vollbeschäftigung für ALLE“ geführt werden können.

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Eine langfristig über der Vollbeschäftigung liegende Erwerbslosenrate hat ja nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die Betroffenen, sie wirkt auch dämpfend auf die Lohnsituation der Arbeitenden. Insofern ist es nur logisch, dass sich auch jene, die (derzeit noch) in einem Arbeitsverhältnis leben (dürfen), um die Anliegen und die negativen Auswirkungen der vom Arbeitsmarkt unfreiwillig Ausgegrenzten interessieren und sich für deren Begehren einsetzen, weil sie sich (heute schon und morgen vielleicht noch mehr) ebenso sehr in IHRER Existenz bedroht fühlen (sollten/werden).

Einladung zur Mitwirkung

Um unseren in Bedrängnis geratenen Sozialstaaten unter die Arme zu greifen 2017-02-08_marketwatch_piketty_grafik-einkommensscherekann ein Parlament* der Arbeit Suchenden an jedem beliebigen Ort zB in Form eines Workshops tagen.

Lassen Sie sich hierzu von den Veranstalter*innen einladen und bringen Sie zu bestimmten Fragen Ihre Ideen, Anregungen, Visionen für ein besseres Leben in die Debatten ein. Zur Erzielung einer starken gemeinsamen Stimme sollten sich die Betroffenen um den Aufbau einer zivilgesellschaftlich legitimierten Gegenmacht bemühen mit dem Ziel, die Institution einer ZivilFAIRsammlung zu gründen.

Wir** freuen uns auf zahlreiche Engagements im Sinne des gemeinsamen Interesses zur Förderung „guter ARBEIT„.

Noch Fragen? Wenn ja, dann verwenden Sie, bitte, dieses Formular:

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Warnung!

*| Der Begriff „Parlament der …“ ist angelehnt an das von der Armutskonferenz organisierte „Parlament der Ausgegrenzten“. Mein Thema bei der zweiten Durchführung im Jahr 2016 war Vollbeschäftigung.
**| „Wir“, das waren der Verein AMSEL und Partnerorganisationen. Das Projekt wurde nie realisiert, die Idee darf aber weiterhin als Anregung dienen.

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Gegenmacht

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„In seinem Buch ‚Der amerikanische Kapitalismus im Gleichgewicht der Wirtschaftskräfte‘ (‚American Capitalism‘) schrieb er Anfang der fünfziger Jahre auf, wie wenig die Wirklichkeit mächtiger Konzerne seines Erachtens mit der Theorie vollkommener Märkte zu tun hatte. Das System funktioniere nur, weil die Industriegiganten auf eine Gegenmacht in Form von Gewerkschaften und anderen gesellschaftlichen Gruppen treffen. Wo dieser Gegenpol nicht zustande komme, müsse der Staat einspringen und selbst das Gleichgewicht der Kräfte wiederherstellen.“

Uwe Jean Heuser im Vorwort zu: Die Ökonomie des unschuldigen Betrugs von John Kenneth Galbraith, S 15

Als humane (Staats-)Wesen sind wir eingebettet in kulturell inspirierte und zum Teil in Gesetzen ausgedrückte soziale Landschaften. Diese werden bestimmt durch gesellschaftliche Kräfte, auf die wir gestaltend Einfluss nehmen können und – mitunter – auch sollten! Wissend um die „Ungleichheitswende“ (Sir Anthony B. Atkinson) in den 1980er-Jahren liegt es an uns, sich regional bis weltweit dafür e2017-02-03_sozialfeld-nach-bourdieu_vereinfacht_blog-arbeit-wirtschaftinzusetzen, die seither blühende und krank machende Ungleichheit auf das bereits erprobte Niveau (davor) zu heben.

Eine „gerechte Steuerpolitik“ und eine „Bildungspolitik für mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt“ sind nur zwei der möglichen Schritte auf unserem Weg, Armut und prekäre Lebensverhältnisse erfolgreich zu bekämpfen. Damit können auch drohende oder bereits vorhandene „gesellschaftliche Bruchlinien“ reduziert werden – u. a. aus diesem einfachen Grund: weil vielen bisher Benachteiligten mehr Perspektiven bei ihren Entscheidungsfindungen eröffnet werden. So bietet eine reguläre Anstellung auf dem ersten Arbeitsmarkt für rund die Hälfte der zuvor Erwerbslosen einen Schritt aus der Armut.

2017-03-18_zeitzeichen_S-11_ILO_Arbeitsmarkt-aktiv-gestalten_gesetzl-hoheit-bei-nationalstaaten
Die FAIRteilungsmacht liegt in den Händen der Nationalstaaten


Doch die MACHTverhältnisse auf den Arbeitsmärkten sprechen gegen Erwerbslose und prekär Beschäftigte. Atkinson formuliert dies so:

„In erheblichem Maße erwächst das Marktergebnis gegenwärtig aus der Verhandlungsmacht der verschiedenen Teilnehmer. Wenn Menschen auf Null-Stunden-Verträge ohne Lohngarantie eingehen, so deshalb, weil sie auf dem Arbeitsmarkt machtlos sind. Wie erwähnt, müssen wir Vorkehrungen treffen, um ein gerechtes Machtgleichgewicht zwischen den Parteien solcher Verhandlungen herzustellen – mit anderen Worten, wir müssen die Gegenmacht der Verbraucher und Arbeitnehmer stärken.“ (Ungleichheit, S 191)

Am sinnvollsten wird es sein, wenn die Betroffenen sich organisieren und selbst stärken. ZivilFAIRsammlungen und ihre Ergebnisse überregionaler und interdisziplinärer Kooperationen könnten diesbezüglich wesentliche Beiträge leisten. Bezogen auf die „besondere Situation Großbritanniens“ hat Anthony B. Atkinson die „Einrichtung eines Sozial- und Wirtschaftsrates“ vorgeschlagen:

2020-12-07_Zitate-Atkinson_Ungleichheit_es-braucht-eine-Koerperschaft

„Der Glaube, letztlich hätten die Eigentümer das Sagen, hat sich indes bis heute gehalten. Auf den Hauptversammlungen erhalten die Aktionäre Informationen zur Geschäftsentwicklung, Ertragslage, künftigen Unternehmensstrategie und zu vielen weiteren Sachthemen. Vieles davon ist bereits bekannt. Ein solches Aktionärstreffen gleicht einem baptistischen Gottesdienst. Die Herrschaft der Manager wird in keiner Weise geschmälert; dazu gehört auch, dass sie ihre Vergütung in Form von Barbezügen oder Aktienbezugsrechten weitgehend nach eigenem Belieben festsetzen.“

John Kenneth Galbraith, in: Die Ökonomie des unschuldigen Betrugs, München: Pantheon, März 2007, 1. Aufl., S 78

2017-01-26_konsent-kulturpreis_konzernlobbyismus-rat-fuer-buergerbeteiligung


Weiterlesen

Uwe Jean Heuser: Unschuldiger Betrug

Forderungen der International Labour Organization (ILO) in ihrem World Employment and Social Outlook (WESO) 2016 – Transforming jobs to end poverty

In Brüssel regieren nicht mehr die klassischen LobbysAnmerkung: Die Nachhaltigkeit dieses Trends steht jedoch weiterhin auf dem Prüfstand und erfordert daher auch in Zukunft Maßnahmen zur weiteren Stärkung der Zivilgesellschaft

Das Wendejahr 2017 begann vielversprechend: Wer Menschenrechte verletzt soll büßen

2017-12-23_SN_gute-nachrichten_schweden-probiert-den-sechsstundentag